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Zurück in der Heimatbücherei

Wohlbehalten zurück in der Hohenzollerischen Heimatbücherei in Hechingen sind rechtzeitig zum Weihnachtsfest vier altgediente Bücher.

Die Bescherung lieferte Matthias Raum aus Römerstein frei Haus. Der bekannte Buch- und Papier-Restaurator hatte die ehrwürdigen Bände mehrere Monate lang in seine Obhut genommen und sorgfältig mit Trockenreinigung, Papierrestaurierung und aufwändiger Einband-Reparatur behandelt.

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Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Ein Buch, die 1674 in Konstanz veröffentlichte Lebensbeschreibung des späteren Sigmaringer Heiligen Fidelis, hat einen Ganzleder-Holzdeckeleinband, der jetzt wieder wie neu daher kommt. Zwei Schulbücher aus der Hechinger Hofbuchdruckerei von 1842 - Titel: Schöne Geschichten und lehrreiche Erzählungen zur Sittenlehre für Kinder - waren die jüngsten Patienten, die bei Matthias Raum in Kur gegangen sind. Den vierten Prachtband bildet eine Sammlung von Märtyrer-Biographien in Kalender-Form, die 1751 in Köln erschienen ist. An ihr hatte der Zahn der Zeit bedenklich genagt.

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Bücherei-Mitarbeiterin Hanne Grunert war zugegen, als die Bände zurückkamen in die Heimatbücherei, wo sie sich jetzt am angestammten Platz wieder in die Regale einreihen und auf Leser warten.

 

Buchübergabe in der Hohenzollerischen Heimatbücherei: Hanne Grunert und Matthias Raum. Foto: Rolf Vogt

Römerstraßen, Albert Einstein und die Machtkämpfe im Nationalsozialismus - Neuer Doppelband der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte erschienen

 

Zwei bisher unbekannte römische Straßen im Bereich des Kastells Mengen-Ennetach hat Dr. Stefan Wintermantel entdeckt. Seine Entdeckungen stellt er in dem jüngst erschienen Doppelband 57/58 der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte vor. Wintermantels Aufsatz ist einer von sieben Beiträgen in dem 384 Seiten umfassenden Doppelband, der im Buchhandel für 39 Euro erworben werden kann. Mitglieder des Hohenzollerischen Geschichtsvereins erhalten die Zeitschrift als kostenlose Mitgliedsgabe.

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Mit Hilfe neuer Forschungsmethoden gelingt es Wintermantel, die verkehrsmäßige Erschließung unseres Raumes in römischer Zeit neu zu erfassen und den Kenntnisstand über das römische Straßennetz zu korrigieren und zu vertiefen. Die beiden neu entdeckten Römerstraßen, von denen er auch Spuren im Gelände gefunden hat, führten vom Kastell Mengen-Ennetach nach Süden zum Bodensee und nach Westen in Richtung des römischen Gutshofs „Altstadt“ bei Meßkirch.

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Nachdem Jürgen Scheff im vorangegangenen Doppelband der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte den ersten Teil seiner Forschungen zu den Eginonen, Welfen und Zollern publiziert hat, stellt er nun im zweiten Teil Überlegungen zu verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Grafen von Urach, von Vaihingen und von Zollern im Hochmittelalter an. Indem er die vorliegenden Quellen neu auswertet und interpretiert, gelingt es dem Verfasser, auf genealogische Zusammenhänge zwischen den genannten Adelshäusern aufmerksam zu machen.

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Das Kloster Beuron vor dessen barocker Umgestaltung im Jahre 1694 ist Gegenstand einer Studie von Lothar Gonschor. Der Autor kann erhaltene Maßwerkteile der Vorgängerbauten aus spätgotischer Zeit in Details der Fensterdarstellungen im sogenannten „Gründungsbild“ des Klosters Beuron identifizieren und somit nachweisen, dass dieses Ölbild ein „authentisches Dokument des historischen Zustands“ der Klosteranlage vor der Umgestaltung ist.

Breiten Raum nimmt die Zeitgeschichte ein: Am Beispiel von Albert Einstein und seiner Hechinger Verwandtschaft zeigt der Beitrag von Dr. Christof Rieber jüdische Familiensolidarität auf und stellt die Aufenthalte Albert Einsteins und seiner zweiten Ehefrau Elsa in Hechingen vor, der Geburts- und Heimatstadt von Elsa. Rieber kann detailliert die Aufenthalte des Ehepaars Einstein in Hohenzollern belegen und geht auf die vier Besuche Albert Einsteins bei seinem Freund Camillo Brandhuber in Benzingen ein, der dort katholischer Pfarrer war. Die beiden kannten sich aus Berlin, wo Brandhuber von 1908 bis 1918 als Zentrumsabgeordneter im Preußischen Abgeordnetenhaus für den Wahlkreis Sigmaringen saß. Neben persönlicher Sympathie verband beide Übereinstimmungen in grundlegenden Überzeugungen, so waren sie beide Gegner der Monarchie.

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Dr. Michael Walther untersucht die innerörtlichen und innerparteilichen Machtkämpfe in den kleinen hohenzollerischen Gemeinden Thanheim und Steinhofen (Bisingen) bei Hechingen, die 1933 in der Frühphase des Nationalsozialismus stattfanden. Einige der Beteiligten wurden gar vorübergehend im KZ Heuberg bei Stetten am kalten Markt inhaftiert, darunter sogar ein Mitglied der NSDAP und SA. Bei den Verhaftungen von sechs Männern aus Thanheim und Steinhofen am 12. September 1933 ging es nicht um die Ausschaltung von Regime-Gegnern durch SA-Einheiten, sondern um die Verfolgung persönlicher Interessen der beiden NSDAP-Stützpunktleiter und Lehrer Max Klaiber und Franz Xaver Wannenmacher sowie des SA-Sturmbannführers und „NS-Mulitfunkionärs“ Vinzenz Stehle aus Bittelbronn. Die Verhaftungen stellten eine unzulässige Grenzüberschreitung dar. Noch im Oktober 1933 wurde beschlossen, die beiden Lehrer ihrer Ämter als NSDAP-Stützpunktleiter zu entheben, und als Lehrer wurden sie strafversetzt. Dagegen taten die Vorkommnisse der NS-Karriere Stehles keinen Einbruch. Und obwohl ihn das Landgericht Hechingen 1947 wegen des Übergriffs 1933 zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe verurteilte, wurde der ehemals einflussreiche Nationalsozialist 1952 zum Bürgermeister von Bittelbronn gewählt, ein Amt das er bis zu seinem Tode 1967 innehatte.

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Archivalische Quellen in französischen und deutschen Archiven sowie die Forschungsliteratur umfassend auswertend behandelt Benjamin Pfannes unter dem Titel „Paris an der Donau?“ die Übersiedlung der Vichy-Akteure nach Deutschland und analysiert die Ereignisse in den Rückzugsorten Sigmaringen und Mainau der französischen Kollaborateure im Zeitraum von September 1944 bis April 1945.

Ein Aufsatz von Dr. Edwin Ernst Weber über die Militärstandorte zwischen Schwäbischer Alb und Bodensee vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart beschließt den Teil der Abhandlungen des aktuellen Bandes. Er begreift die „Entwicklung der Militärlandschaft […] mit ihren wachsenden und schrumpfenden Standorten“ als „Spiegel der deutschen Geschichte mit ihren wechselnden politischen ‚Großwetterlagen‘ und den damit einhergehenden und sich ständig verändernden militärischen Anforderungen.“ Expansionsphasen gab es in wilhelminischer Zeit, im Nationalsozialismus und im Kalten Krieg. Da die Garnisonen Wirtschaftsfaktoren für die umliegenden Städte und Gemeinden waren, bedeuteten Truppenreduzierungen und Standortschließungen zunächst wirtschaftliche Einbußen, längerfristig gesehen bieten gewerbliche, infrastrukturelle, siedlungsmäßige oder kulturelle Weiterentwicklungen neue Chancen und Möglichkeiten.

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Im zweiten Teil der Zeitschrift wird auf rund 60 Seiten neues Schrifttum mit Bezug zu Hohenzollern und zur Landesgeschichte vorgestellt.

Die Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte wird vom Hohenzollerischen Geschichtsverein herausgegeben. Schriftleiter sind Dr. Volker Trugenberger, bis zu seiner Pensionierung Leiter der Abteilung Staatsarchiv Sigmaringen im Landesarchiv Baden-Württemberg, und Dr. Andreas Zekorn, bis zu seiner Pensionierung Leiter des Kreisarchivs Zollernalbkreis. Für Mitglieder des Hohenzollerischen Geschichtsvereins ist der Bezug der Zeitschrift im jährlichen Mitgliedsbeitrag von 30 Euro enthalten.

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