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Der Hofmaler Richard Lauchert, der Reformator Simon Grynaeus, die Sigmaringer Gewerbeschule und die Burg Wildenstein - Neue Ausgabe der Hohenzollerischen Heimat erschienen

Der in Sigmaringen geborene Hofmaler Richard Lauchert, der Reformator Simon Grynaeus aus Veringendorf, die Sigmaringer Gewerbeschule und die Burg Wildenstein stehen im Fokus der Ausgabe 2/2023 der Hohenzollerischen Heimat.

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Die Vierteljahresschrift wird vom Hohenzollerischen Geschichtsverein e.V. herausgegeben und kann per Tel. 0176 88406540 (Dienstag 9.00 bis 11.30 Uhr) oder E-Mail anfrage@hohenzollerischer-geschichtsverein.de bestellt werden.

Dem Hofmaler Richard Lauchert (1823-1868), dessen farbiges Selbstportrait die Titelseite ziert, ist im Hohenzollerischen Landesmuseum in Hechingen vom 14. Juni bis 24. September 2023 eine Ausstellung gewidmet, die von den beiden Autoren Ulrich Feldhahn und David Hendel konzipiert wurde.

Vom Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen wurde Lauchert anhaltend gefördert. So entstanden Portraits von Mitgliedern verschiedener europäischer Fürstenhäuser. Im Jahre 1857 schloss er die Ehe mit Prinzessin Amalie zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1821-1802). Deren Familie leistete jahrelang heftigen Widerstand gegen diese nicht standesgemäße Heirat. Das „ungleiche“ Paar hatte fünf Kinder und wurde in Berlin ansässig.

Am 27. Dezember 1868 verstarb Lauchert unerwartet mit 45 Jahren an einem Herzschlag. Die in Hechingen gezeigte Ausstellung bringt zahlreiche Gemälde, Grafiken und Dokumente an die Öffentlichkeit, viele aus Privatbesitz und erstmals öffentlich präsentiert.

Richard Lauchert: Selbstportrait 1853 (Leihgeber: Dr. Kay von Lauchert, Olching)

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Die Rheinbrücke zu Basel 1761

Von Walter Rominger folgt der zweite Teil und Schluss über „Simon Grynaeus (1492-1541): Großer Gelehrter und kleiner Reformator“.

Grynaeus war der griechischen Sprache „mächtig wie wenige“. Er wurde deshalb vor allem als „Textforscher, Textkritiker und Herausgeber griechischer und lateinischer Autoren, sowie als Übersetzer vom Griechischen ins Lateinische bekannt und bedeutend“.

Er schätzte die „sieben freien Künste“ des Mittelalters hoch ein: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie.

Die meisten Humanisten betrachteten „die sprachlich-verbale Bildung vorrangig“, während Grynaeus die mathematischen Wissenschaften als grundlegend einordnete. Der Gang der Wissenschaftsgeschichte scheint ihm Recht zu geben. Denn seit Wilhelm von Humboldt (1767-1835) „ist eine Vorordnung mathematisch-naturwissenschaftlicher Disziplinen zu bemerken und heute sind diese beherrschend geworden“.

Willi Rößler beschreibt kenntnisreich die Entwicklung „Von der Handwerker- Fortbildungsschule zur Gewerbeschule“ in Sigmaringen. Die schulische Ausbildung im Handwerk begann erst Mitte des 19. Jahrhunderts, vorher bestimmten die Zünfte das Leben des Handwerks und somit auch die Ausbildung.

1853 wurde in Sigmaringen die Gründung einer Handwerker-Fortbildungsschule genehmigt, eröffnet wurde diese Anfang 1855. Der Lehrplan legte den Lernstoff fest: Deutsch und Schriftverkehr, Rechnen, Geometrie, Zeichnen, Freihandzeichnen, Modellieren und Mechanik. Anton Bumiller aus Jungingen, ausgebildeter Gewerbelehrer, übernahm von 1895 bis 1931 die Leitung der Handwerker-Fortbildungsschule.

Er warb auch für die Errichtung von weiteren Gewerbe-Fortbildungsschulen in Hohenzollern. Solche wurden dann 1904 in Burladingen und Ostrach, 1905 in Empfingen und Gammertingen eröffnet.

Die Bezeichnung „Berufsschule“ für die Gewerbe-Fortbildungsschulen wurde erstmals in einem Gesetz vom 17.10.1922 erwähnt. Der Neubau der Gewerbeschule Sigmaringen wurde schließlich am 1. April 1961 eingeweiht.

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Das neue Schulgebäude der Gewerbeschule Sigmaringen 1961.

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Die Burg Wildenstein 2018. Aufnahme von Dr. Volker Trugenberger, Sigmaringen.

Der Beitrag „Leben auf der Burg – Die Burg Wildenstein im Spiegel von Kostenzusammenstellungen des Grafen Andreas von Sonnenberg 1490 – 1497“ von Volker Trugenberger beschließt das neue Heft der Hohenzollerischen Heimat.

Hoch über der Donau bei Beuron ragt die Burg Wildenstein als eine imposante, zur Festung umgebaute Burg, heraus. Auf Gottfried Werner von Zimmern (gest. 1554) geht das heutige Erscheinungsbild zurück.

Für unseren Raum ist es eine Seltenheit, dass „Informationen über die Burg der 1490er-Jahre sich aus archivarisch überlieferten Rechnungsunterlagen gewinnen lassen“. Es handelt sich um fünf Kostenverzeichnisse, die Auskunft geben über die Burg und ihre Gebäude, über das Personal und schließlich über die Versorgung mit Lebensmitteln und Gebrauchsgütern.

Der Autor schildert ausführlich und anregend die Inhalte dieser Rechnungen, wobei auch alte Maßangaben in heutige Maße umgerechnet werden.

Die Unterlagen stammen aus dem Archivbestand der Grafschaft Friedberg-Scheer im Staatsarchiv Sigmaringen. Die Grafen von Friedberg-Scheer waren im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts im Besitz der Burg Wildenstein.

Das Heft wird durch zwei Buchbesprechungen abgerundet. 

Römerstraßen, Albert Einstein und die Machtkämpfe im Nationalsozialismus - Neuer Doppelband der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte erschienen

 

Zwei bisher unbekannte römische Straßen im Bereich des Kastells Mengen-Ennetach hat Dr. Stefan Wintermantel entdeckt. Seine Entdeckungen stellt er in dem jüngst erschienen Doppelband 57/58 der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte vor. Wintermantels Aufsatz ist einer von sieben Beiträgen in dem 384 Seiten umfassenden Doppelband, der im Buchhandel für 39 Euro erworben werden kann. Mitglieder des Hohenzollerischen Geschichtsvereins erhalten die Zeitschrift als kostenlose Mitgliedsgabe.

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Mit Hilfe neuer Forschungsmethoden gelingt es Wintermantel, die verkehrsmäßige Erschließung unseres Raumes in römischer Zeit neu zu erfassen und den Kenntnisstand über das römische Straßennetz zu korrigieren und zu vertiefen. Die beiden neu entdeckten Römerstraßen, von denen er auch Spuren im Gelände gefunden hat, führten vom Kastell Mengen-Ennetach nach Süden zum Bodensee und nach Westen in Richtung des römischen Gutshofs „Altstadt“ bei Meßkirch.

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Nachdem Jürgen Scheff im vorangegangenen Doppelband der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte den ersten Teil seiner Forschungen zu den Eginonen, Welfen und Zollern publiziert hat, stellt er nun im zweiten Teil Überlegungen zu verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Grafen von Urach, von Vaihingen und von Zollern im Hochmittelalter an. Indem er die vorliegenden Quellen neu auswertet und interpretiert, gelingt es dem Verfasser, auf genealogische Zusammenhänge zwischen den genannten Adelshäusern aufmerksam zu machen.

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Das Kloster Beuron vor dessen barocker Umgestaltung im Jahre 1694 ist Gegenstand einer Studie von Lothar Gonschor. Der Autor kann erhaltene Maßwerkteile der Vorgängerbauten aus spätgotischer Zeit in Details der Fensterdarstellungen im sogenannten „Gründungsbild“ des Klosters Beuron identifizieren und somit nachweisen, dass dieses Ölbild ein „authentisches Dokument des historischen Zustands“ der Klosteranlage vor der Umgestaltung ist.

Breiten Raum nimmt die Zeitgeschichte ein: Am Beispiel von Albert Einstein und seiner Hechinger Verwandtschaft zeigt der Beitrag von Dr. Christof Rieber jüdische Familiensolidarität auf und stellt die Aufenthalte Albert Einsteins und seiner zweiten Ehefrau Elsa in Hechingen vor, der Geburts- und Heimatstadt von Elsa. Rieber kann detailliert die Aufenthalte des Ehepaars Einstein in Hohenzollern belegen und geht auf die vier Besuche Albert Einsteins bei seinem Freund Camillo Brandhuber in Benzingen ein, der dort katholischer Pfarrer war. Die beiden kannten sich aus Berlin, wo Brandhuber von 1908 bis 1918 als Zentrumsabgeordneter im Preußischen Abgeordnetenhaus für den Wahlkreis Sigmaringen saß. Neben persönlicher Sympathie verband beide Übereinstimmungen in grundlegenden Überzeugungen, so waren sie beide Gegner der Monarchie.

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Dr. Michael Walther untersucht die innerörtlichen und innerparteilichen Machtkämpfe in den kleinen hohenzollerischen Gemeinden Thanheim und Steinhofen (Bisingen) bei Hechingen, die 1933 in der Frühphase des Nationalsozialismus stattfanden. Einige der Beteiligten wurden gar vorübergehend im KZ Heuberg bei Stetten am kalten Markt inhaftiert, darunter sogar ein Mitglied der NSDAP und SA. Bei den Verhaftungen von sechs Männern aus Thanheim und Steinhofen am 12. September 1933 ging es nicht um die Ausschaltung von Regime-Gegnern durch SA-Einheiten, sondern um die Verfolgung persönlicher Interessen der beiden NSDAP-Stützpunktleiter und Lehrer Max Klaiber und Franz Xaver Wannenmacher sowie des SA-Sturmbannführers und „NS-Mulitfunkionärs“ Vinzenz Stehle aus Bittelbronn. Die Verhaftungen stellten eine unzulässige Grenzüberschreitung dar. Noch im Oktober 1933 wurde beschlossen, die beiden Lehrer ihrer Ämter als NSDAP-Stützpunktleiter zu entheben, und als Lehrer wurden sie strafversetzt. Dagegen taten die Vorkommnisse der NS-Karriere Stehles keinen Einbruch. Und obwohl ihn das Landgericht Hechingen 1947 wegen des Übergriffs 1933 zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe verurteilte, wurde der ehemals einflussreiche Nationalsozialist 1952 zum Bürgermeister von Bittelbronn gewählt, ein Amt das er bis zu seinem Tode 1967 innehatte.

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Archivalische Quellen in französischen und deutschen Archiven sowie die Forschungsliteratur umfassend auswertend behandelt Benjamin Pfannes unter dem Titel „Paris an der Donau?“ die Übersiedlung der Vichy-Akteure nach Deutschland und analysiert die Ereignisse in den Rückzugsorten Sigmaringen und Mainau der französischen Kollaborateure im Zeitraum von September 1944 bis April 1945.

Ein Aufsatz von Dr. Edwin Ernst Weber über die Militärstandorte zwischen Schwäbischer Alb und Bodensee vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart beschließt den Teil der Abhandlungen des aktuellen Bandes. Er begreift die „Entwicklung der Militärlandschaft […] mit ihren wachsenden und schrumpfenden Standorten“ als „Spiegel der deutschen Geschichte mit ihren wechselnden politischen ‚Großwetterlagen‘ und den damit einhergehenden und sich ständig verändernden militärischen Anforderungen.“ Expansionsphasen gab es in wilhelminischer Zeit, im Nationalsozialismus und im Kalten Krieg. Da die Garnisonen Wirtschaftsfaktoren für die umliegenden Städte und Gemeinden waren, bedeuteten Truppenreduzierungen und Standortschließungen zunächst wirtschaftliche Einbußen, längerfristig gesehen bieten gewerbliche, infrastrukturelle, siedlungsmäßige oder kulturelle Weiterentwicklungen neue Chancen und Möglichkeiten.

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Im zweiten Teil der Zeitschrift wird auf rund 60 Seiten neues Schrifttum mit Bezug zu Hohenzollern und zur Landesgeschichte vorgestellt.

Die Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte wird vom Hohenzollerischen Geschichtsverein herausgegeben. Schriftleiter sind Dr. Volker Trugenberger, bis zu seiner Pensionierung Leiter der Abteilung Staatsarchiv Sigmaringen im Landesarchiv Baden-Württemberg, und Dr. Andreas Zekorn, bis zu seiner Pensionierung Leiter des Kreisarchivs Zollernalbkreis. Für Mitglieder des Hohenzollerischen Geschichtsvereins ist der Bezug der Zeitschrift im jährlichen Mitgliedsbeitrag von 30 Euro enthalten.

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